Erinnerungskultur als Aufgabe der städtischen Politik

Shownotes

In dieser Folge gehen wir auf die Rolle der städtischen Politik hinsichtlich Erinnerungskultur ein. Als politische Vertreter konnten wir die zum Zeitpunkt der Aufnahme scheidende Stadträtin für Kultur, Uschi Schwarzl und die scheidende Vorsitzende des Kulturausschusses, Irene Heisz, gewinnen. In unserem gemeinsamen Gespräch gehen wir auf die Frage ein, welche Aufgabe der städtischen Politik in Bezug auf Erinnerungskultur zukommt. Am Beispiel der Zeitpunkte Innsbruck blicken wir auf den Prozess hinter politischen Entscheidungen und blicken auch auf die Arbeit, die dem zukünftigen (derzeitigen) Gemeinderat bevorstehen wird.

Rückmeldungen, Wünsche oder Anregungen zu den einzelnen Folgen können Sie gerne per E-Mail an podcast@innsbruck.gv.at schicken.

Das Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck finden Sie im Web unter diesem Link.

Wollen Sie von zu Hause oder unterwegs eine Entdeckungsreise durch Innsbruck machen, dann sollten Sie unseren Bilder-Blog Innsbruck erinnert sich besuchen, wo täglich vier neue Beiträge veröffentlicht werden. Es lohnt sich!

Transkript anzeigen

00:00:00: Tobias: Hallo und herzlich willkommen zur sechsten Folge unserer dritten Staffel von Archivwürdig,

00:00:05: dem Podcast des Innsbrucker Stadtarchivs.

00:00:08: In dieser Folge gehen wir auf die Rolle der städtischen Politik hinsichtlich Erinnerungskultur ein.

00:00:14: Begrüßend durfte ich die scheidende Stadträtin für Kultur Uschi Schwarzl und die scheidende Vorsitzende des Kulturausschusses Irene Heisz.

00:00:23: Wir besprechen am Beispiel der Zeitpunkte, wie es zur Umsetzung von Erinnerungsprojekten kommt

00:00:28: und blicken gegen Ende auch auf die Zukunft.

00:00:31: Intro-Musik] Tobias: Erstens bedanke mich immer ganz herzlich, dass ihr beide Zeit gefunden habt, zu mir zu kommen, auch mitzuwirken bei der dritten Staffel unseres Podcasts Archivwürdig.

00:00:56: Wir haben ja als großes übergeordnetes Thema das Arbeitserziehungslager Reichenau bzw. die neue Gedenkstätte des Arbeitserziehungslagers Reichenau.

00:01:05: Wir kreisen dann oder wir schwingen ein bisschen dann über das Thema auch hinaus in der Staffel

00:01:11: und um natürlich so ein Thema und Erinnerungskultur, Erinnerungsorte aufzu greifen, braucht es natürlich eine politische Ebene,

00:01:19: es braucht politischen Willen, es braucht politische Unterstützung.

00:01:22: Und da habe ich den Vorteil mit euch beiden, dass ich einerseits die zuständige Stadträtin für Kultur habe

00:01:28: und andererseits die Irene, also Uschi als zuständige Stadträtin für Kultur und einmal die Irene als Ausschussvorsitzende des Kulturausschusses.

00:01:36: Und wir sprechen, wie schon gesagt, über Erinnerungskultur als Aufgabe der städtischen Politik.

00:01:44: Vielleicht die Frage mal zuerst an euch beide, wo seht ihr die Aufgabe der Politik in Bezug auf Erinnerungskultur?

00:01:53: Wo soll sie einwirken, wo muss sie einwirken, vielleicht auch wo es Grenzen gibt, wo vielleicht man die Politik sich zurücknehmen soll?

00:02:02: Fange ich vielleicht bei dir an, Uschi, wenn ich da zu dir schaue.

00:02:07: Uschi: Ja, zuerst einmal vielen Dank für die Einladung.

00:02:10: Es ist sehr spannend für uns beide, denke ich.

00:02:13: Ich glaube ja, dass Erinnerungskultur zu einer der Hauptaufgaben von städtischer Kulturpolitik gehört.

00:02:23: Nicht einfach nur, um Denkmäler zu schaffen oder obligatorische Gedenkfeiern abzuhalten zu bestimmten Gedenktagen,

00:02:32: sondern mit einem ganz konkreten Inhalt und diese Inhalte sind auf der einen Seite zu schauen, wo sind Forschungslücken zu unterstützen,

00:02:44: diese Forschungslücken zu schließen, diese Forschungslücken dann auch, oder die Ergebnisse dieser Forschung,

00:02:53: dann einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen und dieses zugänglich machen muss die Menschen abholen.

00:03:00: Das heißt, wir müssen einerseits schauen, dass wir den Opfern und den Tätern und den Orten nachgehen und diese sichtbar machen

00:03:10: und wir müssen schauen, dass wir das Wissen, der Forschung so vermitteln, dass es eingebettet ist, auch in gegenwärtige Situationen,

00:03:22: sozusagen es muss transformiert werden in die Gegenwart, weil ich glaube,

00:03:26: dass historisches Wissen in Verbindung mit gegenwärtigen Entwicklungen ganz wichtig ist, auch für die Zukunft einer Gesellschaft.

00:03:35: Tobias: Selbe Frage an dich, Irene. Wo siehst du die Aufgabe der Stadt oder der städtischen Politik mit Bezug zur Erinnerungspolitik und Erinnerungsorten?

00:03:46: Irene: Anschließend daran, was die Frau Stadträtin gesagt hat,

00:03:51: das kann ich natürlich alles absolut unterschreiben, in der sogenannten Erinnerungskultur gibt es ja mehrere Problemstellungen

00:04:01: angefangen bei Forschungslücken, wie es die Uschi gerade gesagt hat. Die andere Sache ist Zeitzeugen,

00:04:09: Menschen, die, wenn wir vom Dritten Reich sprechen, das alles selber erlebt haben und selber davon erzählen können,

00:04:15: gibt es ja kaum mehr und sozusagen von Tag zu Tag weniger, weil sie naturgemäß mittlerweile in einem Alter sind,

00:04:24: wo ihre Lebenszeit überschaubar ist. Und Zeitzeugenberichte sind eine sehr eindrucksvolle Möglichkeit,

00:04:33: über eine bestimmte Zeit und bestimmte Ereignisse nachzudenken. Es gibt natürlich inzwischen viele Tondokumente,

00:04:40: Interviewaufnahmen und so weiter, aber es ist was anderes, wenn ich ja von Knopf drücke und mir was anhör,

00:04:45: als wenn ich einem Menschen gegenüber sitze und dem in die Augen schauen kann und er mir erzählt, was er damals erlebt,

00:04:50: erlitten oder auch begangen hat. Die andere Geschichte ist, dass wir heute glücklicherweise in einer bunten Gesellschaft leben,

00:05:00: in der Menschen aus verschiedenen Kulturen zusammenkommen und mit verschiedenen kulturellen,

00:05:05: auch kulturhistorischen Hintergründen. Und da sind natürlich auch viele Menschen drunter,

00:05:11: für die die Nazi-Zeit, das Dritte Reich, der Zweite Weltkrieg, nicht die Form von Einschnitt, von Zäsur,

00:05:20: von dunkler Wolke darstellt, wie es es für uns zu Recht selbstverständlich ist, in Deutschland, in Österreich,

00:05:26: in Mitteleuropäischen, in gesamten europäischen Raum. Das heißt, Menschen aus anderen Kulturen,

00:05:32: die möglicherweise davon gehört haben in der Schule oder sonst wie, für die das aber nicht diese ganz persönliche

00:05:41: Lastverantwortung, wie immer man es nennen will, darstellt, denen muss man denke ich, wenn sie bei uns auch leben

00:05:49: und Teil unserer Gesellschaft sind, versuchen zu vermitteln, warum diese Zeit für uns so außerordentlich wichtig ist.

00:05:57: Und ich sage jetzt immer, als Beispiel der Völker... also aus einer anderen Sicht, der Völkermord an den Armeniern,

00:06:04: davon wissen wir, weil wir in der Schule davon gelernt haben oder was auch immer,

00:06:10: dieses große historische und bis heute so vieles überschattende, traumatische Ereignis,

00:06:17: ist es für uns Mittel-Europäer und Mittel-Europäerinnen naturgemäß nicht.

00:06:22: Tobias: Zum Zeitpunkt der Aufnahme läuft gerade die Ausschreibung oder die Erstellung der möglichen neuen Gedenkstätte

00:06:30: am Platz des, also ehemaligen Arbeitserziehungslagers Reichnau.

00:06:35: Wir haben dieser Jahr auch, wo wir alle drei auch anwesend waren, bei der Öffnung der Zeitpunkte.

00:06:41: Also der Innsbrucker Alternative der Stolpersteine haben wir beigewohnt, war auch eine sehr schöne Veranstaltung,

00:06:48: was auch wieder zeigt, wie wichtig es ist, Themen aufzugreifen, zu verarbeiten und nicht über, wie soll man sagen,

00:06:56: verfrüht oder hineinzustolpern und dann was zu erstellen, was in einer recht schnellen,

00:07:03: oder auf Druck von außen, was erstellt wird.

00:07:07: Und weil ich euch eben hier habe wäre es vielleicht nicht ganz unklug,

00:07:12: anhand der Zeitpunkte auch ein bisschen den politischen Prozess vielleicht darzustellen.

00:07:18: Aber können wir mal so starten, wenn es jetzt angedacht ist, sei das dann Reichenau, sei das die Zeitpunkte,

00:07:26: sei das ein anderes Mahnmal, was ja in der Zukunft geschehen oder initiiert werden kann.

00:07:32: Wie startet denn, wie kommt denn da sozusagen der Stein ins Rollen, dass dann auch die Politik involviert wird?

00:07:40: Uschi: Also vorweg genommen die Amtsführung als Stadträtin und die Arbeit des Kulturausschusses ist sehr eng miteinander verzahnt,

00:07:50: weil das Stadtrecht der Landeshauptstadt Innsbruck quasi unsere Verfassung genau vorgibt,

00:07:56: wie die Abläufe sein müssen, um zu einer Entscheidung zu kommen.

00:08:00: Und das Thema Zeitpunkte ist vielleicht ein ganz gutes, weil das sozusagen von der Beschlusssituation

00:08:07: und von der Umsetzungssituation her jetzt schon ein fertiges Projekt ist.

00:08:12: Es wird nie fertig sein, weil auch die Bürger und Bürgerinnen gefragt sind,

00:08:17: die Zeitpunkte aufzugreifen und selber welche zu initiieren, aber von den politischen Beschlüssen her ist das abgeschlossen.

00:08:24: Und das heißt ganz konkret, es gab in Innsbruck angestoßen von einigen Bürgerinnen,

00:08:32: ein sehr intensives Verlangen nach sogenannten Stolpersteinen.

00:08:37: Und das hat uns dann natürlich auch im Kulturausschuss erreicht, dieses Thema.

00:08:42: Und wir haben nicht sofort gesagt, ja eine gute Idee oder völlig abzulehnen,

00:08:49: sondern was wir machen, wir holen uns Expertise auf der einen Seite in dieser Frage von Historikerinnen und Historikern

00:08:59: und auf der anderen Seite von der israelitischen Kultusgemeinde.

00:09:03: Und es hat sich im Laufe unserer Diskussionen und nach Einholung der Expertisen herausgestellt,

00:09:09: dass wir das Modell der Stolpersteine als nicht mehr zeitgemäß sehen.

00:09:14: Vor allen Dingen haben wir immer das ungute Gefühl dabei gehabt, dass es eigentlich nicht angemessen ist,

00:09:20: wenn man über die Opfer drüber stolpert oder sozusagen auf diese Gedenksteine draufsteigt.

00:09:29: Und dann haben wir im Kulturausschuss beschlossen, dass wir so eine Arbeitsgruppe machen

00:09:34: und einen kleinen Wettbewerb eigentlich oder eine Ausschreibung gemacht haben,

00:09:39: wo uns Weissraum [Designforum Tirol für zeitgemäße visuelle Kommunikation und Design] begleitet hat, die uns jetzt auch in der Frage Reichenau begleiten

00:09:46: und haben daraus das vorliegende, bekannte Modell gewählt

00:09:53: und sozusagen die Schritte und Irene korrigiere mich bitte, greif ein,

00:09:58: wenn ich jetzt nicht mehr alles ganz genau in Erinnerung habe,

00:10:01: weil ich so viele Projekte in vielen Bereichen habe, dass sich da oft einmal einige Dinge vermische,

00:10:07: aber jedenfalls hat der Kulturausschuss sozusagen aus den vorgelegten Vorschlägen das Bekannte ausgewählt.

00:10:15: Und dann, nachdem ein Ausschuss einer Stadt nur ein beratendes Gremium ist,

00:10:21: habe ich das was falsch gesagt?

00:10:23: Ah, Irene sag du es.

00:10:25: Irene: Die Grundidee war, die wir auch eben mit Expertinnen und Experten dann nochmal geschärft haben,

00:10:32: personalisierte individuelle Gedenk- und Erinnerungszeichen

00:10:39: an Todesopfer des Nationalsozialismus

00:10:42: und das möglichst in der Nähe oder am besten an ihrer letzten freiwillig gewählten Wohnstätte in Innsbruck.

00:10:50: Sprich, wenn jemand in der, ich sage jetzt absichtlich, was Fantasiename in der Erdäpfelstraße 12 gewohnt hat,

00:10:59: bevor er dann zum Beispiel in ein KZ deportiert wurde und so weiter,

00:11:04: sollte entweder am Haus, wenn das möglich ist, oder möglichst in der Nähe ein persönliches Gedenk- und Erinnerungszeichen

00:11:11: an diesen Menschen angebracht werden.

00:11:15: Richtig ist, dass wir uns gegen Stolpersteine ausgesprochen haben.

00:11:19: Mein ganz persönlich größter Einwand dagegen ist tatsächlich, die Namen der Opfer

00:11:25: und damit die Opfer mit Füßen zu treten, das scheint mir nicht richtig.

00:11:30: Dann haben wir immer wieder auch das natürlich mit dem Kultur-Ausschuss rückgesprochen diskutiert

00:11:37: und dann einen Wettbewerb ausgeschrieben und den hat dann nicht der Kulturausschuss das Ergebnis gewählt,

00:11:43: sondern eine Fachjury, der unter anderem ich angehört habe,

00:11:47: aber Historiker, Historikerinnen aus dem grafischen Bereich und so weiter,

00:11:54: einfach Fachleute aus allen denkbaren involvierten Branchen,

00:12:00: bis hin zu einem Kollegen von den IKB, weil ein guter Platz,

00:12:11: um einen, wie wir jetzt wissen, einen Zeitpunkt anzubringen, sind Masten.

00:12:17: Und wie das rein technisch geht, man meint ja nicht, wie schwierig das sein kann [lacht kurz].

00:12:21: Ich habe da unglaublich viel gelernt im Zuge dieses Wettbewerbs und dieses ganzen Prozesses.

00:12:26: Dafür braucht es Fachleute, die einem sagen, das geht, das geht nicht.

00:12:30: Diese Manschette muss man biegen, die kann man so oder so befestigen oder auch nicht.

00:12:34: Da ist aus ganz vielen Bereichen unglaublich viel Fachwissen drin,

00:12:38: nicht nur auf der nahe liegenden historischen Ebene, sondern auch eben bis hin zu technischen Details.

00:12:47: Was ich denke, auch ganz wichtig ist, dass wir als politisch Zuständige für einen bestimmten Bereich,

00:13:00: in unserem Fall jetzt die Kultur, nicht glauben, dass wir die Weisheit mit dem Löffel gefressen haben.

00:13:05: Es gibt natürlich für alle Bereiche, die entsprechenden Fachleute in der Stadt,

00:13:11: wir sind Gott sei Dank bestens ausgestattet, auch dank der Tatsache, dass wir Universitätsstadt sind,

00:13:17: dass wir ein, jetzt muss ich ein bisschen schleimen, ein super funktionierendes, toll aufgestelltes Stadtarchiv haben,

00:13:25: mit tollen Kolleginnen und Kollegen, die immer hilfreich sind und sagen, ja, da haben wir was,

00:13:30: oder schaut, da könnte man das machen und so weiter.

00:13:32: Also, ich tu ein bisschen schleimen, aber es ist ...

00:13:35: Tobias: Stellvertretend fürs Stadtarchiv nehme ich das gerne an.

00:13:37: Irene: Es ist einfach Wahrheit.

00:13:39: Schleimen ist leicht, wenn man die Wahrheit sagt.

00:13:41: Uschi: Vielleicht nur kurze Ergänzung.

00:13:43: Es war auch zum Beispiel nur damit man die Dimension sieht, das Verkehrsrecht war dabei,

00:13:48: weil sozusagen Zeichen, die im Straßenraum angebracht werden, dürfen natürlich die Sicherheit des Verkehrs nicht beeinträchtigen.

00:13:56: Und auch vom Tiefbau war der Straßenverwalter dabei, weil es werden ja nicht nur auf Masten Zeitpunkte angebracht,

00:14:04: sondern dort, wo möglich und anders nicht möglich, auch auf Stelen, die im Straßenraum verankert werden müssen.

00:14:10: Also, ich hab das sehr schön gefunden, dass das Projekt, dass da sozusagen die Erinnerungskultur sozusagen auch in Behörden und technische Ämter hineingesickert ist.

00:14:20: Und ich glaub, das war für diese Menschen auch eine Bereicherung.

00:14:23: Tobias: Und ich glaub, an der Stelle könnte man vielleicht auch noch mal den Dank an die IKB ausrichten, die ja auch die Wartung und die ...

00:14:30: Also, meines Wissens auch, wenn jetzt die Reinigen und auch quasi sicherstellen, dass die, wenn da Fehler, also Fehler,

00:14:37: oder wenn irgendetwas nicht sitzen sollte, dann auch Sie melden.

00:14:40: Was auch sehr, sehr wichtig ist, weil nur weil es jetzt in dem Fall dran hängt, muss es ja dann trotzdem gewartet und hat gegebenenfalls geputzt oder sonst was werden.

00:14:50: Bleiben wir jetzt noch kurz bei den Zeitpunkten, das Projekt ist sozusagen finalisiert oder zumindest ausgewählt.

00:14:56: Also, in der Jury durch diese Jury?

00:15:00: Irene: Genau, dann geht es in einen Kulturausschuss, der dort einmal vorgestellt, weil die Fachausschüsse, also der Gemeinderat, der 40-Köpfige, gewählte

00:15:08: Gemeinderat mit verschiedenen Parteien und Gruppierungen, so wie uns die Bevölkerung 2018 bei der letzten Wahl

00:15:16: zusammengestellt hat. So sind wir sechs Jahre verantwortlich für sozusagen mehr oder weniger

00:15:21: alles, was in der Stadt passiert und was im gesetzlichen Verantwortungsbereich der Stadt

00:15:28: Innsbruck und des Gemeinderats liegt. Bildet Fachausschüsse, in unserem Fall Kultur,

00:15:34: aber es gibt natürlich für alle anderen Bereiche auch Fachausschüsse von Finanzen bis Sport bis

00:15:41: Bau bis Soziales etc. etc. Alles worüber der Gemeinderat dann zu entscheiden hat. Die Fachausschüsse

00:15:50: sind, das nennt man so, vorberatend für den Gemeinderat tätig beziehungsweise unter

00:15:56: Umständen auch für den Stadtsenat. Das ist, man darf nicht sagen, Regierung habe ich gelernt,

00:16:01: weil die Stadt Innsbruck hat keine Regierung in dem Sinn, die Stadt Innsbruck hat einen

00:16:05: Bürgermeister, eine Bürgermeisterin und dann Stadtsenatsmitglieder, also Stadträtinnen und

00:16:10: Stadträte, so wie die Uschi Schwarzl, eben ressortführende Stadträtin unter anderem für

00:16:15: Kultur und noch ganz viele andere Ressorts ist. Kulturausschuss berät, lädt sich unter Umständen

00:16:23: nochmal Experten und Expertinnen ein, um mit denen irgendwas zu diskutieren und gibt dann eine

00:16:28: Empfehlung an den Stadtsenat beziehungsweise an den Gemeinderat zum Thema X so zu entscheiden.

00:16:35: Uschi: Und ob eine Empfehlung eines Ausschusses in den Stadtsenat kommt oder in den Gemeinderat hängt

00:16:44: teilweise davon ab, um welche Beträge es geht. Bei niedrigeren Kosten da reicht der Stadtsenat. Bei

00:16:52: höheren Beträgen muss das auch in den Gemeinderat oder wenn es um Richtlinien geht. Das muss

00:16:57: auf jeden Fall in den Gemeinderat, also das ist im Stadtrecht genau geregelt, welche Kompetenz

00:17:02: welches Gremium hat. Aber die Ausschüsse selber haben nur ein Vorschlagsrecht und kein eigenständiges

00:17:08: Beschlussrecht. Tobias: Heißt das grundsätzlich, wenn ich es so verstehe, dass ist der Kulturausschuss,

00:17:13: jetzt sage ich mal, wenn das nicht einstimmig ist oder wenn es vom Kulturausschuss nicht empfohlen wird,

00:17:22: umzusetzen, wie kommt das dann aber trotzdem quasi dann entweder ein Staatssenat oder ein Gemeinderat?

00:17:27: Uschi: Es kommt jede Entscheidung, ob positiv oder negativ, mehrheitlich oder einstimmig, in das

00:17:34: nächstübergeordnete Gremium. Und wenn der Kulturausschuss befunden hätte, wir nehmen keines

00:17:40: der Projekte und setzen jetzt nichts um, dann wäre sozusagen, ja im Endeffekt wäre dann wahrscheinlich

00:17:46: gar keine Empfehlungen gekommen, aber das geht da die null Entscheidungen oder nein Entscheidungen

00:17:51: betreffen vor allen Dingen Subventionen. Wenn du bei uns ansuchst, um eine Kultursubvention,

00:17:55: dann würde ich sagen, na, also das, was der macht [Uschi schmunzelt, Tobias lacht], das hat nichts mit Kultur zu tun oder so.

00:18:01: Tobias: Der Podcast zum Beispiel.

00:18:02: Uschi: Da gibt es null Subventionen, wird dein Ansuchen trotzdem im Staatssenat oder Gemeinderat,

00:18:09: je nachdem, um wie viel du angesucht hast, behandelt, aber halt ablehnend, aber der Gemeinderat

00:18:14: oder der Staatssenat könnten die Entscheidung noch umdrehen.

00:18:18: Irene: Theoretisch, also natürlich könnten sie, aber die Fachausschüsse des Gemeinderates

00:18:24: sind ja von Gemeinderätinnen und Gemeinderäten und zwar je nach Stärke ihrer Fraktionen im

00:18:31: Gemeinderat besetzt. Das heißt, wenn es eine Satte Mehrheit oder eine Einstimmigkeit im

00:18:36: Kulturausschuss für oder gegen irgendein bestimmtes Thema oder Projekt gibt, ist davon

00:18:42: auszugehen, dass nicht zwischen Kulturausschuss und der Gemeinderatssitzung zwei Wochen später

00:18:48: sich die Meinungen um 100 Prozent umdrehen und man dann plötzlich doch mehrheitlich dafür

00:18:52: oder dagegen ist. Also kommt eigentlich in der Praxis nie vor.

00:18:57: Wenn es knapp ist, dann kann es, weil natürlich die Kleineren, die ein und zwei Personen in

00:19:02: Fraktionen sind, nicht in den Ausschüssen vertreten, nur als Zuhörer und Zuhörerinnen

00:19:06: zugelassen, könnte es passieren, dass ein knappes Ergebnis dann so oder so gedreht wird.

00:19:13: Aber ich muss auch ganz deutlich betonen, weil mir das sehr, sehr freut, dass gerade

00:19:18: bei der Erinnerungskultur eigentlich größte Einhelligkeit oder Einstimmigkeit normal ist. Uschi: Einstimmigkeit eigentlich immer.

00:19:26: Irene: Also ich will jetzt nichts Falsches behaupten, aber ich kann mich jetzt nicht an eines der

00:19:31: Projekte, die wir in den letzten Jahren beschlossen und umgesetzt haben oder begonnen haben,

00:19:35: sie umzusetzen, dass da einmal irgendwelche Gegenstimmen, also von den kleinen, Ein-Personen

00:19:41: Fraktionen bis zu den größten Fraktionen im Gemeinderat, egal welcher politischen Richtung,

00:19:47: war da immer Einstimmigkeit.

00:19:49: Und das finde ich ganz, ganz wichtig als Signal auch die gewählten Vertreterinnen und Vertreter

00:19:56: der Innsbrucker Bevölkerung sind sich bei, Streiten über viele Dinge.

00:20:00: Und das ist auch gut so.

00:20:01: Tobias: Das ist auch richtig so.

00:20:02: Irene: Das auch das so sagen.

00:20:03: Streiten oder kontrovers diskutieren ist nichts Negatives.

00:20:07: Das sehe ich, ist meine Meinung.

00:20:09: Aber bei diesen Themen sind wir uns nach langen, gründlichen Vorbereitungen und Diskussionen

00:20:15: natürlich,

00:20:16: sind wir uns einig und wollen dieses Signal auch an die Innsbruckerinnen und Innsbrucker

00:20:23: senden.

00:20:24: Uschi: Was in früheren Jahren eigentlich nicht so war und es hat glaube ich auch damit zu tun,

00:20:29: dass sich in Innsbruck eine unglaublich rege und kompetente Wissenschaftler:innen-Szene entwickelt hat. Irene: Ganz sicher ja!

00:20:37: Uschi: Und wir dabei auf extrem große Expertise zurückgreifen können und wir diese auch

00:20:45: sehr intensiv in Anspruch nehmen.

00:20:47: Auch einmal ein Dank an die Menschen, ob jetzt an der Uni oder als Vermittler:innen

00:20:55: in Schulen oder auch im Kulturbereich tätig.

00:20:58: Das ist eine wunderbare Form der Zusammenarbeit und da ist auch über die Jahre ein großes

00:21:04: Vertrauen glaube ich entstanden, ein gegenseitiges und das ist für das Herbeiführen von möglichst

00:21:10: breit getragenen Entscheidungen glaube ich auch sehr wichtig.

00:21:13: Irene: Ich teile vollkommen deine Einschätzung.

00:21:16: Wir können wirklich extrem froh und dankbar sein für die Zeitgeschichtlerinnen und Zeitgeschichtler

00:21:23: in Innsbruck.

00:21:24: Die sind einfach top und ich glaube nichts Falsches zu sagen, wenn ich behaupte, die haben

00:21:33: in den letzten Jahren auch festgestellt, dass man mit uns sinnvoll zusammenarbeiten kann.

00:21:40: Dass wir nicht nur irgendwelche Frasen dreschen, sondern uns wirklich bemühen, Lösungen zu

00:21:44: finden, was weiter zu bringen und so weiter.

00:21:47: Also, nein, ich sage es jetzt einfach, ich glaube, dass wir in diesem Bereich, wir Politiker:innen

00:21:54: uns auch als verlässliche Partner:innen erwiesen haben in den letzten Jahren.

00:21:59: Denen es schon ernst ist.

00:22:00: Die nicht nur in Sonntagsreden, irgendwas von sich geben, was frommes, salbungsvolles, sondern

00:22:06: die auch wirklich was weiterbringen wollen.

00:22:08: Und gerade im Bereich Erinnerungskultur haben wir in diesen letzten sechs Jahren eigentlich

00:22:15: ein sehr viel weitergebracht.

00:22:17: Tobias: Vielleicht nur abschließend gibt es aus eurer Sicht irgendwas, was ihr auch noch weitergeben

00:22:23: wollt.

00:22:24: Ich glaube ich darf es in dem Fall sagen, ihr scheidet jetzt beide bei der nächsten

00:22:29: Gemeinde oder mit der nächsten Wahl aus, aus euren Ämtern.

00:22:32: Gibt es denn etwas, was ihr auch weitergeben wollt, im politischen Sinne an Nachfolger,

00:22:38: oder auch an die Bevölkerung gerne, wo ihr sagt, das ist uns wichtig, dass das weiterhin

00:22:44: so stark bleibt, was einfach erhalten gehört?

00:22:48: Irene: In Sachen Erinnerungskultur ist, glaube ich, ganz wichtig zu sagen, dass das ein Prozess

00:22:56: ist, der nie abgeschlossen sein kann mit der Finalisierung eines ganz bestimmten Projektes

00:23:02: oder mit der Umsetzung eines Projektes.

00:23:05: Weil das Wichtigste an der Erinnerungskultur ist für mich, die Vergangenheit auf ihre

00:23:15: Relevanz für die Gegenwart zu befragen.

00:23:18: Also zu sagen, was hat das mit mir zu tun?

00:23:20: Was hat das mit meiner Zeit zu tun?

00:23:23: Was hat das damit zu tun, was wir in Zukunft machen?

00:23:27: Wie wir in Zukunft miteinander leben wollen?

00:23:29: Wie wir unsere Kinder erziehen, was wir denen mitgeben und so weiter und so weiter.

00:23:36: Und deswegen, es ist uns vieles in den letzten Jahren gelungen, das umzusetzen oder zumindest

00:23:42: auf den Weg zu bringen und darüber bin ich froh, aber ich glaube, das muss auch dem

00:23:47: nächsten Gemeinderat bewusst sein, damit ist es nicht erledigt.

00:23:51: Und dann sagen wir, okay, Gott sei Dank, das haben wir jetzt abgehackt, das war es dann [lacht].

00:23:55: Kann nicht stimmen, kann nicht stimmen.

00:23:58: Auch wenn die zeitliche Distanz größer wird, ändert es nichts an der Bedeutung der Themen.

00:24:06: Und insgesamt, glaube ich, sollte der nächste Gemeinderat nicht unterschätzen, dass Kunst

00:24:18: und Kultur schlicht und ergreifend ein Lebensmittel sind.

00:24:22: Mag sein, dass jemand selten ins Theater geht oder kaum einmal in Konzerte, welcher Art

00:24:29: auch immer, oder dass er sagt, bei Vernissagen da kriege ich Magenkrämpfe.

00:24:34: Ist in Ordnung, ist in Ordnung.

00:24:36: Tobias: Definitiv, ja.

00:24:37: Es muss niemand auf einer Vernissage rumstehen und gescheit und gebildet über ein Bild

00:24:44: reden können.

00:24:46: Aber Kultur und Kunst sind der Treibstoff in unserem Tank.

00:24:55: Ich will jetzt keine Mobilitätsdebatte anstoßen mit der auch Mobilitätsstadträtin

00:25:01: Uschi Schwarzl.

00:25:02: Aber das sollte auch dem nächsten Gemeinderat nicht nur so sonntagsredenmäßig bewusst sein,

00:25:12: weil sonst wäre Innsbruck, nicht mehr Innsbruck, und um so vieles ärmer als es jetzt momentan

00:25:20: ist.

00:25:21: Uschi: Ich darf da vielleicht gleich anknüpfen, weil mir da... bei Kultur generell

00:25:26: das Herz aufgeht.

00:25:28: Weil man ein bisschen über den Tellerrand hinaus schaut und da muss man gar nicht so weit

00:25:33: fahren.

00:25:34: Innsbruck ist eigentlich eine kleine Großstadt, eine Mittelstadt und hat für ihre Größe

00:25:44: sowohl von der Ausdehnung als auch von der Bevölkerungszahl ein kulturelles Leben,

00:25:49: das eigentlich sensationell ist.

00:25:51: Irene: Kann ich nur... Kann ich nur unterstreichen! Es ist tatsächlich so.

00:25:52: Uschi: Was die Vielfalt, was die Quantität und die Qualität betrifft.

00:25:58: Und das ist ein Schatz, den es zu hüten gilt und der Innsbruck eigentlich ausmacht.

00:26:06: Innsbruck nur mit Bergen und Skifahren, wäre arm.

00:26:10: Innsbruck mit diesen Möglichkeiten, nach der Arbeit, noch eine schnelle Skitour zu gehen und

00:26:16: dann in ein Theater zu gehen, ist unglaublich, ist einzigartig.

00:26:21: Und ich bin ja wirklich sehr viel in diversen Veranstaltungen unterwegs und es findet mittlerweile

00:26:27: extrem vieles gleichzeitig statt, aber es ist immer alles extrem gut besucht.

00:26:32: Das dazu und es wäre fatal, wenn sich ein neuer Gemeinderat dessen nicht bewusst wäre.

00:26:41: Punkt zwei zur Erinnerungskultur, möchte ich zwei Dinge mitgeben, ein allgemeines.

00:26:47: Ich glaube, wir haben, wie wir beide schon betont haben, ab 2018 einen sehr guten, neuen Weg der Erinnerungskultur eingeschlagen.

00:27:01: Und es wäre wichtig und schön, wenn der Gemeinderat diesen Weg fortsetzen würde.

00:27:07: Und es geht aber auch ganz konkret darum, Projekte, die aus unserem Wirken entstanden sind,

00:27:14: auch ganz konkret fortzuführen.

00:27:16: Wir werden das würdige Gedenken an das Arbeitserziehungslager Reichenau nicht bis zum Gemeinderat umgesetzt haben,

00:27:26: bis zur Gemeinderatswahl umgesetzt haben.

00:27:28: Das heißt, es wird auf den kommenden Gemeinderat ankommen, das was aus einem Wettbewerb dann final herauskommt, auch umzusetzen.

00:27:38: Ein neuer Gemeinderat wird die Gedenkpotenziale, die wir heute noch gerade angesprochen haben,

00:27:44: die auch in dieser Zeit entstanden sind und die genau das sind, wo wirklich jedes Jahr

00:27:54: der Zeit gemäß neue Formen des Gedenkens an die Befreiung von Mauthausen möglich ist und umgesetzt wird.

00:28:05: Wir haben auch unterstützt das Forschungsprojekt zu den Wehrmachtsdeserteuren.

00:28:11: Da wird auch, es steht auch an aus diesen Forschungsergebnissen heraus, ein personalisiertes, aber auch verortetes Gedenken anzugehen.

00:28:25: Irene: Entschuldige Uschi wenn ich reingrätsche, die Deserteursgeschichte, Wehrmachtsdeserteure, war mir auch ganz wichtig.

00:28:31: Das haben wir leider nicht mehr weiter..., das haben wir einfach nicht mehr zusammengebracht.

00:28:38: Uschi: Ja, weil ich glaube, das ist auch...

00:28:40: Irene: Aber das wäre mir ein großes Anliegen, dass da was in den nächsten Jahren passiert.

00:28:46: Uschi: Aber ich glaube, es ist auch eine Form der Ernsthaftigkeit, wenn man die Dinge, die Projekte wirklich peu a peu abarbeitet und sozusagen nicht in hysterisches alles gleichzeitig machen,

00:28:58: weil da leidet die Qualität darunter.

00:29:02: Aber wir haben sozusagen Dinge in der Umsetzung auf den Weg gebracht und wir haben Grundsteine für künftige Umsetzungen gelegt und es liegt am kommenden Gemeinderat, aus dem etwas zu machen.

00:29:15: Und ich bin überzeugt davon, egal wie die Wahl ausgeht, ich bin überzeugt davon, dass das, was wir grundgelegt haben, nicht so einfach umstürzbar ist.

00:29:27: Tobias: Ich glaube, das trifft es auch ganz gut zum Thema Erinnerungskultur.

00:29:31: Es muss einfach gut durchdacht sein, es kann sich nicht um so eine Schnellschussentscheidungen handeln.

00:29:37: Es braucht Gremien dahinter, es braucht Experten dahinter, die beratend sind.

00:29:42: Und gemeinsam, meistens, bis jetzt haben wir es auch dank eurer Mithilfe, super Projekte auf die Schiene gebracht.

00:29:50: Und das muss man einfach klipp und klar sagen.

00:29:52: Outro-Musik]

00:30:08: Tobias: Archivwürdig ist eine Produktion des Stadtarchiv Innsbruck und Teil der Stadtstimmen, dem Audiokanal der Stadt Innsbruck.

Neuer Kommentar

Dein Name oder Pseudonym (wird öffentlich angezeigt)
Mindestens 10 Zeichen
Durch das Abschicken des Formulars stimmst du zu, dass der Wert unter "Name oder Pseudonym" gespeichert wird und öffentlich angezeigt werden kann. Wir speichern keine IP-Adressen oder andere personenbezogene Daten. Die Nutzung deines echten Namens ist freiwillig.