(M)eine Stadtgeschichte: Josef Weimann

Shownotes

Mein heutiger Gesprächspartner ist Josef Weimann. Josef Weimann kam 1945 in Seefeld zur Welt und verbrachte aufgrund der Fliegerangriffe auf Innsbruck einen Teil seiner Kindheit in Brandenberg. Im Gespräch erzählt uns der pensionierte Gefäßchirurg über seine Kindheitsjahre, seine Schulerinnerungen und auch über sein Medizinstudium, das er in Innsbruck absolvierte.

Rückmeldungen, Wünsche oder Anregungen zu den einzelnen Folgen können gerne per Mail an podcast@innsbruck.gv.at geschickt werden.

Das Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck finden Sie im Web unter diesem Link.

Wollen Sie von zu Hause oder unterwegs eine Entdeckungsreise durch Innsbruck machen, dann sollten Sie unseren Bilder-Blog Innsbruck erinnert sich besuchen, wo täglich vier neue Beiträge veröffentlicht werden. Es lohnt sich!

Transkript anzeigen

00:00:00: [Männlich Stimme] Und diese Holzbaracke hatte einen kleinen Aufgang, und da sind wir kleine Stöpsel,

00:00:05: in der Früh immer hinauf "getrappelt" [rennen].

00:00:07: Und an dem Aufgang ist eine Türe gewesen, die in das Innere geführt hat.

00:00:14: Und in dieser Türe stand raumfüllend die Kindergartentante.

00:00:19: [Intro-Musik] Tobias: Hallo und herzlich willkommen zur fünften Folge der zweiten Staffel von Archivwürdig,

00:00:38: dem Podcast des Innsbrucker Stadtarchivs.

00:00:40: Mein heutiger Gesprächspartner ist Josef Weimann.

00:00:43: Josef Weimann kam 1945 in Seefeld zur Welt und verbrachte aufgrund der Fliegerangriffe

00:00:50: auf Innsbruck einen Teil seiner Kindheit in Brandenberg.

00:00:53: Im Gespräch erzählt uns der pensionierte Gefäßchirurg über seine Kindheitsjahre,

00:00:59: seine Schulerinnerungen und auch über sein Medizinstudium, welches er in Innsbruck

00:01:03: absolvierte.

00:01:04: Darüber und noch mehr hören Sie jetzt in der Folge.

00:01:07: Josef: Mein Name ist Josef Weimann.

00:01:12: Selber nenne ich mich gerne Sepp Weimann.

00:01:16: Geboren bin ich im März 1945 in Seefeld.

00:01:22: Zurzeit bin ich aktuell Seniorstudent für Geschichte und Kunstgeschichte.

00:01:29: In meinem erlernten Beruf war ich 27 Jahre lang da [hier] an der hiesigen [ansässig] Chirurgischen Klinik

00:01:39: der Universität Innsbruck, als Gefäßchirurg tätig,

00:01:43: zuletzt auch als kommissarischer Leiter der Abteilung.

00:01:47: Tobias: Du hast gesagt, du bist in Seefeld geboren.

00:01:51: Jetzt bist du natürlich, also ich kenne dich natürlich als Innsbrucker und immer als

00:01:55: Innsbrucker.

00:01:56: Hast du deine Kindheit dann in Innsbruck verbracht oder warst du dann auch in Seefeld?

00:02:01: Oder warum überhaupt Seefeld?

00:02:02: Fangen wir mal so an.

00:02:04: Josef: Es war damals so, dass die Kriegsereignisse in den letzten zwei Jahren, wir wissen ja,

00:02:12: dass es am 15.

00:02:14: Dezember 1943 den ersten großen Bombenangriff auf Innsbruck gegeben hat, wo auch meine Großmutter

00:02:23: mütterlicherseits in der Maximilianstraße im Haus nahe der Triumphpforte ums Leben gekommen

00:02:32: ist, weil sie war gebehindert und konnte nicht mehr den retteten Luftschutzkeller erreichen.

00:02:38: Damals sind ja glaube ich 156 Innsbruckerinnen und Innsbrucker zu Tode gekommen, darunter

00:02:46: eben auch meine Großmutter.

00:02:48: Und dann erfolgte genau auf den Jahrestag, damit die Innsbrucker Bevölkerung offensichtlich

00:02:55: ja erinnert wird, wo es lang geht, von Seiten der Alliierten

00:03:00: der zweite Angriff, da war die Bevölkerung aber schon vorbereitet und so waren trotz

00:03:06: einer höheren Bombenlast die abgeworfen wurde, die Anzahl der Toten nicht so groß.

00:03:15: Wie dem auch sei, es hat damals in Kreisen der Klinikleitung die Überlegung gegeben,

00:03:24: die dann schlussendlich realisiert wurde, aus Sicherheitsgründen die Geburtshilfe zu

00:03:31: extra territorialisieren, sprich also aus der Klinik auszulagern.

00:03:36: Und da bot sich in Seefeld eine nördlich des Seefelder... Südlich des Seefelder Sees gelegene Pension an, das

00:03:47: sogenannte Waldhaus- oder Waldheimat wie es geheißen hat.

00:03:52: Und die wurde dann seitens der Universitätsklinik Innsbruck, Gynäkologie und Geburtshilfe sozusagen

00:03:59: beansprucht auf längere Zeit.

00:04:01: Daher ist es ganz interessant zu verfolgen, dass in den Jahren [19]44 und [19]45 viele Innsbruckerinnen

00:04:08: und Innsbrucker in Seefeld zur Welt gekommen sind.

00:04:11: Das hat dort seinen Ursprung.

00:04:14: Interessant ist auch aus zeitgenössischer Sicht, dass die Tiroler Tageszeitung, ich glaube es war,

00:04:20: in den Jahren um 2000, einmal ein von sich aus ein sozusagen ein Treffen, der in Seefeld geborenen

00:04:28: veranstaltet hat und da waren glaube ich fast 3.000 Leute anwesend, weil es waren doch

00:04:35: geburtenstarke Jahrgänge, [19]43, [19]44 und [19]45.

00:04:40: Tobias: Weil du das Treffen erwähnt hast von der TT, wo 3.000 Menschen... Josef: Ungefähr, ja.

00:04:45: Tobias: Das heißt

00:04:46: Josef: Das war in Seefeld. Tobias: In Seefeld.

00:04:48: Und du bist natürlich einer der Teilnehmer gewesen? Josef: Ja. Ja.

00:04:51: Tobias: Hast du

00:04:52: Menschen gekannt, aber nicht gewusst dass die aus, also auch Seefelder geborene

00:04:58: sind oder wie kommen...

00:05:00: Josef: Ja natürlich.

00:05:01: Tobias: Das ist ja ein großer Andrang, oder?

00:05:03: Josef: Ja natürlich.

00:05:04: Es war ein "mords", wie man so schön sagt, eine "mords Hetz", [Tobias lacht kurz] eine "mords Gaudi" [Dialekt für viel Spaß/Vergnügen] und man hat

00:05:09: Menschen getroffen, die man kannte.

00:05:11: Einfach, weil man sich in Innsbruck halt natürlich irgendwie doch kennt.

00:05:16: Und von denen man aber nicht wusste natürlich, dass sie erstens welcher Geburtstag eh, Geburtsjahrgang

00:05:23: sie waren und zweitens eben, dass sie deswegen auch in Seefeld zur Welt gekommen sind.

00:05:28: [Rotationsgeräusch] Josef: Dann darf ich fortfahren mit meiner Kindheit.

00:05:35: Es ist alles sehr hochinteressant, nämlich aus zeitgeschichtlichen Aspekten heraus.

00:05:41: Es war ja dann so, dass natürlich ein mords Andrang war auf diese Betten der Gebärenden.

00:05:48: Und meine Mama hat also, glaube ich, musste am zweiten, dritten Tag schon, halbwegs,

00:05:55: dass sie noch halbwegs beisammen war und zu Kräften gekommen ist.

00:05:59: Da wurde sie also ersucht da Platz zu machen für die nächste.

00:06:02: Und dann war die Situation aber so, dass meine Familie aus Sicherheitsgründen, die Landverschickung

00:06:11: war, der Kinder und der jungen Familien.

00:06:14: Und deswegen ist meine Mutter, hat mich zusammengepackt und ist, glaube ich, zwei, drei Wochen

00:06:21: später mit mir schon nach Brandenberg gezogen.

00:06:25: Da ist man einfach zugeteilt worden.

00:06:27: Ja. Hat man irgendeine Familie bekommen am Land, im unteren Teil, oder oberen Teil oder wo auch immer.

00:06:34: Das ist von den Behörden erfolgt.

00:06:36: Und da wurde meine Mutter dann nach Brandenberg zugeteilt.

00:06:40: [Rotationsgeräusch] Josef: Und da habe ich dann von Sommer 1945 bis Sommer 1947 meine Kindheit verbracht, meine ersten

00:06:52: zwei Jahre.

00:06:53: [Rotationsgeräusch] Josef: Es war ein großes Glück, das wir gehabt haben.

00:07:00: Wir haben in einer sehr netten Bauersfamilie Unterschlupf gefunden.

00:07:05: Ganz unheimlich hilfsbereite, nette Leute mit dem typischen Brandenberger Name Ruprechter.

00:07:13: Der Familienvater war Holzarbeiter.

00:07:17: Damals hatten ja die Bundesforste noch riesige Besitzungen, die bis zur bayerischen Grenze

00:07:25: reichten und wo also die Brandenberger Bevölkerung zum Großteil Arbeit fand.

00:07:33: Es ist ja mehr oder weniger bekannt, wenn nicht, dann sage ich es jetzt.

00:07:37: Die Zuhörer:innen werden sich vielleicht noch erinnern, dass es bis in die 60er Jahre

00:07:44: die doch relativ bekannte Brandenberger Trift gegeben hat.

00:07:49: Das war ein Ereignis, das zweimal im Jahr stattgefunden hat und wo die ganzen Bäume,

00:07:56: die man in den Forsten im Wald, der sich bis zur bayerischen Grenze ausdehnte, gefällt

00:08:02: hat.

00:08:03: Die hat man in einen riesen, großen, ja, riesengroßen, großen Stausee, der hat den Namen

00:08:08: Erzherzog-Johann-Klause gehabt.

00:08:11: Und diese Erzherzog-Johann-Klause, die wurde dann aufgefüllt und wenn die Klause voll

00:08:18: war, dann hat man die Tore der Klause geöffnet und die berühmte Brandenberger Trift ging

00:08:25: los.

00:08:26: Es war ein riesen Spektakel, besonders dann ab den 50er Jahren, wie langsam der Fremden-

00:08:33: verkehr wieder eingesetzt ist, also Ende 40er, haben sich das viele Leute also dann

00:08:38: nicht entgegenlassen, das zu beobachten.

00:08:41: Und die ganzen Baumstämme sind dann den Weg über die Brandenberger Ache durch die

00:08:46: berühmte Kaiserklamm hinaus bis zum Inn und am Inn war die sogenannte Lände in Kramsach.

00:08:54: Und da sind die... War ein riesengroßes Areale, so, wo man vorstellen musste, so wie Piers an einem

00:09:02: Hafen, wo man dann einfach die Baumstämme an Land gezogen hat von der Ache heraus

00:09:08: und sie dann weiter, entweder mit dem Zug oder dann weiß nicht, ob es da den Schiffverkehr

00:09:14: noch gegeben hat. Ich glaube nicht. Tobias: Ich glaube nicht mehr. Josef: Ich glaube eher mit dem Zug, dann transportiert worden

00:09:20: sind, weil Holz war ja einer der Hauptexportartikel von Tirol.

00:09:24: [Rotationsgeräusch] Josef: Und das war also der Vater der Familie, wo wir untergekommen sind, der Herr Ruprechter,

00:09:32: der Heinrich Ruprechter.

00:09:33: Und die Frau, das war die Paula.

00:09:36: Und das war einfach eine Hausfrau, die haben natürlich auch eine Landwirtschaft gehabt.

00:09:41: Und wie es so war, der Hein, wie er geheißen hat, ist am Montag in der Früh ins Holz,

00:09:47: wie man gesagt hat, gegangen und am Samstag, zum Mittag sind sie dann wieder gekommen,

00:09:54: mit einem alten Lastwagen hin und her transportiert.

00:09:57: Und die Paula war also daheim, hat sich um die Landwirtschaft gekümmert.

00:10:01: Viecher haben sie keine gehabt, nur ein paar Hennen und ein Imkerstand.

00:10:05: Und das war alles.

00:10:06: Und das war für die Paula natürlich auch sehr fein, dass sie ein bisschen Ansprache gehabt

00:10:12: hat.

00:10:13: Sie hatte damals noch keine Kinder.

00:10:14: Die sind erst Ende der 40er Jahre gekommen.

00:10:17: Und so hat meine Mutter und die Paula eigentlich in trauter Einsamkeit die Zeit darin verbracht.

00:10:23: [Rotationsgeräusch] Josef: Dann im Jahr [19]47 sind wir dann zurückgekehrt, wie also die Situation sich auch von der

00:10:34: Aufarbeitung der Nachkriegsereignisse, wir wissen ja, wie es [19]46 ausgeschaut hat und

00:10:40: zugegangen ist.

00:10:41: Und es hat sich einfach alles etablieren müssen.

00:10:44: Und [19]47 war es auch dann von der Wohnungssituation her, dass wir also nach Innsbruck zurückkehren

00:10:51: konnten.

00:10:52: Also meine Mutter und ich, wir haben nämlich von der Diözese Innsbruck eine Wohnung

00:10:57: zur Verfügung gestellt bekommen.

00:10:58: Und zwar in jenem Haus in der Wilhelm-Greil-Straße 4, wo jetzt die Wirtschaftskammer drin ist.

00:11:05: Dieses Haus hat bis in die, ich glaube bis in die, ja 70er, 80er Jahre des letzten Jahrhunderts der Kirche gehört,

00:11:14: der Diözese.

00:11:15: Und dann, oder war es noch später, ich glaube es war später. Tobias ganz leise: Ich kann es gar nicht genau sagen. Josef: Sie haben es erst später

00:11:20: verkauft.

00:11:21: Nein, es war später, es war wesentlich später, erst um die 2000er Jahre herum ist es verkauft

00:11:28: worden und zwar an den Wirtschaftsbund und der hat es dann für seine eigenen Zwecke

00:11:33: benutzt.

00:11:34: Es hat aber früher der Diözese gehört und wir waren also im zweiten Stock in der

00:11:40: Wilhelm-Greil-Straße 4.

00:11:41: Ich hatte, um da gleich weiter vorzufahren, den kürzesten Schulweg, [Tobias schmunzelt im Hintergrund] den es überhaupt

00:11:47: gegeben hat, denn genau vor der Haustür war die Gilmstraße und ich bin dann in die

00:11:54: Gilmschule, in die Volksschule gegangen.

00:11:57: Die Gilmschule, die jetzt das, ja, mehr oder weniger bekannte Innsbrucker [Tobias flüsternd: Das Sitzwohl] In-Lokal Sitzwohl

00:12:04: beherbergt.

00:12:06: Und zwar im Erdgeschoss, wenn man hineingeht bei der Türe, in diesem spätgotischen Gebäude,

00:12:13: genau im Erdgeschoss rechts von der Tür, war mein Klassenzimmer.

00:12:18: [Rotationsgeräusch] Tobias: An die Schulzeit, Volksschulzeit in der Gilmschule gibt es da noch irgendwelche einprägsamen

00:12:27: Erinnerungen.

00:12:28: Josef: Da gibt es sehr viele einprägsame Erinnerungen.

00:12:31: Die einprägsamste ist unser begnadeter, muss ich fast sagen, Lehrer.

00:12:35: Ein Außerferner, mit dem Namen Singer natürlich und zwar aus dem Untern Lechtal, aus Nesselwängle,

00:12:43: der wirklich eine Seele von einem Menschen war und uns allen sehr, sehr viel beigebracht

00:12:49: hat.

00:12:50: Mit dem Erfolg, dass damals, ich glaub nicht... Ich weiß nicht wie viele wir waren, ich glaube wir waren

00:12:56: ca. 30, erst Klässler und davon sind, man höhere, 15 ins Gymnasium gekommen.

00:13:03: Es war für damalige Verhältnisse außergewöhnlich und das spiegelt natürlich nicht nur den

00:13:10: hohen Intelligenz Quotient Schüler wieder [beide lachen], sondern auch die Qualität des Lehrers, das

00:13:18: ist ja bitte unbestritten.

00:13:19: [Rotationsgeräusch] Josef: [unverständlich] sagen, das ist vielleicht auch interessant, wir haben damals noch die Schiefertafeln

00:13:29: mit Kreide gehabt.

00:13:30: Erst ab [19]52, [19]53 hat es sich dann eingebürgert, dass man also generell Hefte hatte. [Rotationsgeräusch] Josef:

00:13:40: Man braucht auch nicht zu sagen, dass die Bevölkerung damals eigentlich schon arm war.

00:13:44: Es war arm, meine Eltern haben beide arbeiten gehen müssen, damit sie halbwegs das Auslangen

00:13:53: gefunden haben.

00:13:54: Mein Vater war im Landeskriminalamt tätig.

00:13:57: Meine Mutter war dann im sogenannten Baby Haus Haidegger.

00:14:03: Es war ein stadtbekanntes Spezialgeschäft für Kinderkleidung und hatte seinen Standort

00:14:12: an der Ecke Greilstraße, Meranerstraße [Tobias dazwischen: Meranerstraßen] jedenfalls an dem Eckhaus.

00:14:17: es war damals das Geschäft schlechthin für Kinderbekleidung.

00:14:22: Also das hat es ja eigentlich in Innsbruck sonst nicht gegeben.

00:14:25: Es war eigentlich auch in Tirol sehr bekannt, dass Baby Haus Haidegger.

00:14:29: Und da hat meine Mutter gearbeitet und es war damals schon so, dass also die Arbeitszeit

00:14:35: natürlich auch am Samstag bis am Abend ging.

00:14:38: [Rotationsgeräusch] Tobias: War auch das Thema Sport oder dass man in einem Verein oder dass man das kennt zu einem Freizeitverein

00:14:48: oder zu den Pfadfindern oder sowas, was noch vielleicht...

00:14:52: Josef: Es war damals so.

00:14:53: Das wollte ich eben gerade noch sagen.

00:14:54: Es hat ja diese... Dieses, ja fast erschöpfende Angebot und Möglichkeiten, das den Jugendlichen

00:15:02: und Kindern heute geboten wird.

00:15:04: Das hat es ja damals alles nicht gegeben.

00:15:07: Diese Möglichkeiten der "Freizeitgestaltung" unter Anführungszeichen für die Jugendlichen

00:15:14: und Kinder haben vor allem ideologische Vereine, wie zum Beispiel Parteien, Stichwort

00:15:23: die Roten Falken von der SPÖ, ja, oder das, was du angesprochen hast, die Pfadfinder.

00:15:30: Und in meinem Fall natürlich auch die katholische Kirche mit der katholischen Jugendschar

00:15:37: so wahrgenommen.

00:15:38: Und je nachdem, wie halt das Elternhaus weltanschaulich geprägt war, ist man halt dort zum einen

00:15:44: oder zum anderen gegangen.

00:15:46: Wobei ich sagen muss, in meinem Fall hat sich das ergeben.

00:15:51: Und es war so üblich, dass man also nach der ersten Kommunion, die man also in der zweiten

00:15:58: Klasse erhalten hat, das war damals noch üblich.

00:16:01: Das ist ja überhaupt ein spezielles Kapitel.

00:16:05: Über das wir uns glaube ich nicht auslassen, wollen oder müssen.

00:16:11: Aber es war halt damals so, man ist halt getauft worden, katholisch erzogen worden.

00:16:16: Natürlich im Sinne der Tradition zur Erstkommunion gegangen und dann natürlich ist man zu den

00:16:24: Ministranten gegangen.

00:16:25: [Rotationsgeräusch] Josef: Dann bin ich ins Gymnasium gekommen und zwar die ersten zwei Jahre habe ich in Lienz, also

00:16:36: im sogenannten Bundeskonvikt verbracht.

00:16:39: Da war ich in bester Gesellschaft von [unverständlich] prominenten Innsbrucker Familien [beide lachen], zum

00:16:47: Beispiel, Stichwort Lugger, Menardi [lacht] Tobias: Allerdings beste Gesellschaft Josef: Und so weiter [lacht].

00:16:53: Und da war auch natürlich ein starker Innsbruck Bezug.

00:16:59: Und die Klassen 3, 4 und 5 habe ich dann am Bundesrealgymnasium in Innsbruck verbracht.

00:17:09: Ab [19]55 war die Situation so, dass in Innsbruck, also das Gebäude, das berühmte, muss man

00:17:15: schon sagen, Gebäude in der Angerzellgasse, von der Struktur, ja, der Gymnasien zweigeteilt

00:17:22: war. Es hat auf der einen Seite das sog... damals als humanistisches Gymnasium bezeichnete gegeben.

00:17:31: Das war so latein-griechisch mit dem Fokus auf die Altsprachen.

00:17:36: Und dann hat es das sogenannte Realgymnasium gegeben, mit dem mehr naturwissenschaftlichen

00:17:42: und neusprachlichen Charakter.

00:17:45: Die Situation war damals die, es wurde der Unterricht, wöchentlich, alternativ, Vormittag

00:17:53: und Nachmittag geteilt.

00:17:55: Also eine Woche war Realgymnasium Vormittag, humanistisches Nachmittag und dann wurde wieder

00:18:02: gewechselt.

00:18:03: Es war streng getrennt auch von den Persönlichkeiten der Direktoren her.

00:18:08: Der Direktor des Realgymnasiums war der Karl Kern. Das waren die Kernbuben. [Tobias lacht] Und der

00:18:16: Direktor des humanistischen war der Direktor Dr. Auer, ein ÖVP naher, Politiker kann

00:18:26: man nicht sagen, aber sehr ÖVP-engagierter Lehrer, der dann auch im Gespräch war als

00:18:33: Landeshauptmann-Stellvertreter in der Zeit von Gaby Bartl und geworden ist es dann der

00:18:40: Prior.

00:18:41: Jedenfalls wurde es damals die personelle Alternative.

00:18:45: Ich weiß das deswegen, weil ich die Familie näher dann im Laufe der Jahre kennenlernte.

00:18:50: [Rotationsgeräusch] Josef: Und das war damals in der Zeit, wo ich also [19]57 bis [19]60 und dann ab [19]61 bis [19]63 war ich dann

00:19:06: wieder in Lienz und habe in Lienz dann auch [19]63 maturiert und anschließend [habe] ich dann

00:19:13: mit meiner Mutter in Pradl gelebt, wo ich dann mein Studium begonnen habe.

00:19:21: Tobias: Das Medizinstudium? Josef: Das Medizinstudium und das natürlich unter den gegebenen wirtschaftlichen Verhältnissen.

00:19:30: Dann möglichst da so rasch abschließen, wollte, musste.

00:19:36: Und zwar war ich doch einer der ersten, der das Studium innerhalb von elfeinhalb Semester

00:19:45: dann zu Ende gebracht hat.

00:19:46: Ich habe so im Herbst 1963 habe ich studieren begonnen und weiß noch gut

00:19:56: im Dezember, am 17. Dezember 1969 wurde ich promoviert und deswegen ist das Datum

00:20:05: so wichtig für mich [lacht kurz auf] und möchte das da erwähnen, weil,

00:20:12: Es ist ja so, wie es die Zufälle im Leben so gibt, ich genau 50 Jahre nach meiner Promotion zum Dr. Med,

00:20:21: zum Magister in der Geschichte, sponsiert wurde.

00:20:26: [Rotationsgeräusch] Tobias: Warst du immer schon interessiert, Medizin zu studieren? Oder

00:20:34: war... Josef: Das hat sich zufällig ergeben.

00:20:36: Tobias: Wie das? Josef: Komplett zufällig hat sich das ergeben.

00:20:39: Und wenn du jetzt da so das ansprichst, dann darf ich schon sagen,

00:20:44: und ich formulier das ganz bewusst so, wie ich es eben jetzt ausdrücke,

00:20:49: weil ich bin mir bewusst, dass die vielen Talente, die ich in die Wiege bekommen habe,

00:20:56: eigentlich als Geschenke zu empfinden sind.

00:20:59: Und so war das für mich eigentlich eine Krux.

00:21:02: Ja, die schon, das darf ich auch sagen, in einer Gepflogenheit, ihren Anfang genommen hat,

00:21:09: nämlich in der 5. Klasse des Gymnasiums, musste man damals noch wählen zwischen Musik und Kunstgeschichte.

00:21:17: Also Kunststation und Musik. Beides hat es nicht gegeben.

00:21:21: Entweder hat man sich in den musischen Fächern, wenn man das so sagen darf,

00:21:26: für die Musik entschieden oder für das Zeichnen.

00:21:30: Ich habe also schweren Herzens dann das Zeichnen hergenommen, aber hätte die Musik also liebend gerne auch dabeigehabt.

00:21:38: Weil beide Bereiche der Kunst sind aus meinem Leben nicht wegzudenken.

00:21:44: Und so war für mich dann, um auf deine Frage zurückzukommen, die Entscheidung so unendlich schwierig.

00:21:52: Denn ich wollte sowohl [ein] Musikstudium beginnen, ich wollte sowohl an die Kunstakademie gehen,

00:21:59: ich wollte sowohl Architektur studieren, ich wollte sowohl in der Tradition meiner Familie

00:22:06: mein Ur-Ur-Großvater, war K&K-Forstmeister.

00:22:11: Und mein Ur-Ur-Ur-Großvater war Leiter eines Bergwerks in Böhmen

00:22:17: und hat für die Habsburger Krone einige Tonnen Silber aus dem Berg gefördert.

00:22:23: Und ist dafür in den niederen Adelsstand erhoben worden.

00:22:27: Und entsprechend dieser Tradition der naturwissenschaftlichen Betätigung meiner Familie wollte ich natürlich auch Bodenkultur studieren.

00:22:37: Aber diese Sachen waren damals alle in Innsbruck nicht möglich.

00:22:41: Die Technik ist glaube ich erst in den, ja... Tobias: Später, ja. Josef: Erst Ende der 60er. Tobias: Wenn nicht sogar... Josef: Ja, ungefähr in den 65er erbaut worden.

00:22:53: Und die Kunstakademie gibt es heute noch nicht in Innsbruck.

00:22:57: Und eine Musikhochschule gibt es auch nicht.

00:23:00: Aber Hauptsache wir haben die Architektur da.

00:23:02: Und Bodenkultur muss man nach wie vor entweder nach Wien, oder nach Leoben.

00:23:06: Und Architektur wäre damals Wien oder Graz die Alternative gewesen.

00:23:12: Und dann habe ich mal lange hin und her überlegt, was soll ich tun?

00:23:17: Und dann [atmet kurz aus] habe ich mir gesagt, Medizin interessiert mich eigentlich auch.

00:23:25: Weil ich war schon eigentlich immer ein Mensch mit einer gewissen sozialen Kompetenz.

00:23:31: Ich habe mich immer gern mit den Menschen unterhalten und mich mit ihnen ausgetauscht.

00:23:37: Und so war die Entscheidung das damals zu tun eigentlich die übrig gebliebene Lösung,

00:23:43: weil ich mich mit den anderen Dingen nicht entscheiden konnte, wollte.

00:23:48: Ja, aus den Gründen, die ich gerade dargelegt habe.

00:23:52: Es war damals man Höre und Staune,

00:23:55: Wenn das jetzt wäre, dann würde man das fast nicht glauben.

00:23:59: Wir waren also insgesamt 183 Erstsemestrige.

00:24:03: Wenn man das so mit den Zahlen vergleicht,

00:24:06: wo heute, also im Jahr 2023, die Zahlen derjenigen, die also sich um die Aufnahmeplätze bewerben

00:24:15: dann ist es nahezu unglaubwürdig.

00:24:19: Aber es war so.

00:24:21: Und von diesen 183 haben am Ende des ersten oder spätestens zweiten Semester haben,

00:24:26: dann mehr oder weniger ein Drittel schon, das Studium geschmissen.

00:24:30: Denn man weiß ja, es war damals schon so, dass das Medizinstudium war nicht das leichteste.

00:24:36: Und die erste Klippe war bereits die Chemieprüfung am Ende des zweiten Semesters.

00:24:41: Und da waren dann schon einige dabei, die negativ abgeschlossen haben

00:24:46: und das sie dann veranlasst hat, das Studium aufzugeben.

00:24:51: Tobias: Hat es zu deiner Zeit eine Art Aufnahmeprüfung gegeben für das Medizinstudium?

00:24:55: Josef: Nein.

00:24:56: Es hat überhaupt keinen Test gegeben, keine Aufnahmeprüfung, gar nichts.

00:25:00: Man ist also einfach in das Sekretariat des medizinischen Dekanats im Hauptgebäude im ersten Stock,

00:25:09: die berühmt berüchtigte Frau Jäger.

00:25:12: Die war also mehr oder weniger sehr bekannt. Eher negativ bekannt.

00:25:18: Ich habe mit ihr überhaupt keine Probleme gehabt.

00:25:20: Aber sie war sehr streng, also rigoros. Und das musste damals auch so sein.

00:25:26: Jedenfalls habe ich damals dann, habe ich mich inskribiert und immatrikuliert.

00:25:31: Und meine Matrikelnummer, von damals habe ich heute noch.

00:25:35: Tobias: Wirklich?

00:25:36: Josef: Ja, 06315588.

00:25:41: Also [19]63 im Herbst, immatrikuliert in die Universität Innsbruck.

00:25:48: Natürlich damals eigenes Dekanat der Medizin.

00:25:53: Wir wissen ja im Jahr 2002 dann die Trennung und die Loslösung der medizinischen Universität von der Stamm-Universität.

00:26:01: Eine Entscheidung, die ich persönlich bedauere, von anderen wieder begrüßt wurde. Es ist halt so.

00:26:08: [Rotationsgeräusch] Tobias: Und wer... beim Abschluss, die deine Studienkolleginnen und Kollegen, oder waren, das ist jetzt eh die nächste Frage,

00:26:21: waren männlich dominiert im Studium wahrscheinlich sehr?

00:26:24: Josef: Männlich dominiert mit einem doch, ja, ich würde sagen, 10%igen Frauenanteil, wenn ich das jetzt, mich so zurückerinnere.

00:26:32: Es war einfach eine herrliche Zeit.

00:26:34: Jeder hat eigentlich jeden gekannt. Es haben sich dann natürlich die entsprechenden Cliquen gebildet.

00:26:40: Ich möchte sagen, dass also die Benotung damals aller Prüfungen natürlich mündlich stattgefunden haben,

00:26:47: ausschließlich mündlich.

00:26:49: Und dass es nur drei Benotungen gegeben hat.

00:26:53: Ausgezeichnet, genügend oder nicht genügend.

00:26:56: Und die ganzen absolvierten Prüfungen waren in drei Rigorosen aufgeteilt, davon eines die Vorklinik und zwei dann die klinischen Fächer.

00:27:09: So war das damals.

00:27:11: [Rotationsgeräusch] Josef: Ja, schon seit den frühesten Semestern haben wir eine Gruppe,

00:27:19: waren wir eine Gruppe, die eigentlich immer sich vor den Rigorosen zusammengesetzt hat und sich gegenseitig ausgefragt hat.

00:27:28: Es war immer sehr nett, da natürlich die Kolleginnen, eh Kollegen, wir waren eine reine Männerrunde, auf Herz und Nieren zu prüfen und sich teuflisch zu freuen, wenn wer etwas nicht gewusst hat [Tobias lacht].

00:27:41: Aber es war eine gute Schule, eine gute Methode, die ich nur weiterempfehlen kann, das Gruppenlernen.

00:27:47: Wir haben eigentlich alle voneinander profitiert und sind auch alle eigentlich relativ problemlos durch die ganzen Prüfungen durchgekommen.

00:27:56: Tobias: Ist man mit dieser Gruppe dann auch in der Freizeit, oder hat man in der Freizeit Zeit verbracht, oder war das rein auf das Studium bezogen?

00:28:01: Josef: Das war rein aufs Studium bezogen.

00:28:03: [Rotationsgeräusch] Tobias: Bleiben wir in der Zeit, also in der Studienzeit, oder generell ein bisschen in der Zeit, die, wie soll man denn sagen, die wilden Jahre [lacht kurz auf] sozusagen in Innsbruck,

00:28:15: was war bei dir in der Freizeit... Josef: Da muss ich schon

00:28:17: sagen, da sprichst du jetzt etwas an, was ich sowieso von mir aussagen wollte.

00:28:22: Und was wieder Bezug zu meinem Studium, hat in der Zeitgeschichte.

00:28:28: Also in der Geschichte, aber natürlich eines meiner Schwerpunkte ist die Zeitgeschichte.

00:28:33: Und zwar deswegen, weil ich mich noch so sehr an viele Dinge erinnere, wie man jetzt so sieht oder hört [schluckt].

00:28:41: Ich habe im Rahmen des Geschichts-Studiums, waren eben auch so genannte Ringvorlesungen,

00:28:50: wo also gewisse Schwerpunkte kompetent abgehandelt wurden und Diskurse stattgefunden haben.

00:29:00: Und da war auch die Diskussion um das Jahr 1968, also die Studentenrevolte,

00:29:06: ausgegangen von Paris damals, wie wir wissen.

00:29:09: Aber in allen deutschen Universitätsstädten und so weiter, auch in Wien und Graz.

00:29:14: Aber in Innsbruck hat es vergleichsweise Ereignisse

00:29:19: und Begebenheiten nicht gegeben.

00:29:21: Ich sage das deswegen, weil im Rahmen dieser Ringvorlesung, die von mir sehr geschätzte Frau Professor Pfandzelter sagte,

00:29:28: dass es sehr wohl etwas gegeben hätte.

00:29:31: Und dass also hier Studien liefen und so weiter.

00:29:35: Mittlerweile ist, glaube ich, hier tatsächlich was publiziert worden.

00:29:39: Ich habe es noch nicht studieren können.

00:29:42: Ich kann nur aus medizinischer Sicht sagen, es hat an der medizinischen Fakultät in den Jahren 1968 also überhaupt nichts gegeben, mitnichten.

00:29:52: Es hat überhaupt keine Störungen gegeben, keine Aufmarsche, keine Zusammenkünfte,

00:29:59: keine, was auch immer, von dem man entnehmen konnte, dass es sich um eine studentische Demonstration handelte.

00:30:07: Also mitnichten. Das kann ich mit Sicherheit sagen.

00:30:10: [Rotationsgeräusch] Tobias: Freizeit generell die in den...

00:30:16: Josef: Ja, ich habe also Freizeit.

00:30:18: Ich persönlich war ja sehr alpin, affin.

00:30:22: Das geht auf die Zeit der Innsbrucker Mittelschule zurück, wo ich mich mit drei, auch gleichgesinnten, jungen Menschen zusammengefunden habe.

00:30:32: Einer davon war mein späterer Studienkollege Dr. Gerhard Adelmeier, der dann Radiologe geworden ist.

00:30:39: Und wir haben also schon in den Mittelschuljahren, also mit 14, 15 haben wir schon gemeinsam eine Bergfahrt unternommen

00:30:48: vor allem im Sommer auch. Und das hat sich dann, diese Achse hat gehalten.

00:30:53: [Rotationsgeräusch] Tobias: Haben wir noch irgendeinen Punkt, der was wichtig wäre oder der, was dir noch am Herzen liegen würde aus deiner ja Jungend Zeit?

00:31:02: Josef: Ja, wenn ich jetzt sagen darf, ein paar markante, infrastrukturelle Gegebenheiten, Situationen. Tobias: Gern. Josef: Die vielleicht den ein oder anderen interessiert,

00:31:12: wie es damals ausgeschaut hat. Also in der Gilmstraße, wenn ich hinaus gegangen bin bei der Haustür,

00:31:19: das war also das gotische Gebäude, spätgotische Gebäude der Gilmschule, dann war die Bezirkshauptmannschaft ums Eck, die hat es damals schon gegeben.

00:31:30: Linker Hand war das Hotel Central, ein ebenfalls klassizistischer Bau, wobei heute noch das Café Central als Café besteht,

00:31:40: das Hotelgebäude ist ja mittlerweile abgerissen. In der Wilhelm-Greil-Straße rechts hat es, wo jetzt die Bank drinnen ist,

00:31:49: direkt gegenüber, hat es damals [das] sehr bekannte Elektrowaren und Kohlengeschäft, Kohlegger [Schreibweise ungewiss] gegeben.

00:31:57: Und der Sohn der Familie, ist so, auch ein Mitschüler gewesen von mir.

00:32:02: War damals bekannt. Ums Eck herum, in die Museumstraße, also nach Norden, dort, wo heute der M-Preis ist,

00:32:10: war vor dem M-Preis die Bank Austria, vor der Bank Austria war die Länderbank

00:32:16: und vor der Länderbank war der Konsum. Tobias: [leise] Ah, der Konsum. Josef: Der Konsum war einer der ersten, ich glaube im Jahr 1945/46,

00:32:26: schon von den Sozialdemokraten gegründete Kaufhauskette im Sinne des Vorläufers eines Supermarkts,

00:32:34: wo man also die Artikel des täglichen Lebens kaufen konnte.

00:32:39: Ich weiß das deswegen noch genau, weil bis zum Jahr 1950, ich bitte mich zu korrigieren, kann auch glaube ich [19]51 sein,

00:32:47: [19]50 noch sicher, es die Lebensmittelkarten noch gegeben hat und man mit den Lebensmittelkarten natürlich dann die entsprechenden Rationen pro Woche einlösen konnte.

00:32:58: Und in dem Zusammenhang habe ich beim Konsum als kleiner Kindergartenbub eingekauft.

00:33:05: Apropos einkaufen, rechts, wenn ich beim Haus hinausgegangen bin, hat es einen Nahversorger gegeben.

00:33:11: Es war also diesbezüglich ideal und paradiesisch.

00:33:14: Ein paar Meter weiter hat es einen kleinen Milchladen gegeben, der hat ebenfalls Kohlegger geheißen.

00:33:20: So ganz mini, aber da hat es immer, jeden Tag in der Früh frische Milch gegeben.

00:33:25: Dann ein paar Meter weiter war rechts die Bäckerei Flatscher, mit der Familie [war] ich auch dann in späteren Jahren eng verbunden.

00:33:34: Und dann ein paar Meter weiter hat es die Fleischerei "Bracetta" [Schreibweise ungewiss] gegeben.

00:33:39: Also wir haben die Spezialgeschäfte Milch, Brot und Fleisch innerhalb von ein paar Metern vom Haus weg entfernt gehabt.

00:33:49: Und ums Eck vorne, also was sind das, 100 Meter glaube ich, war der Konsum mit dem Erfolg oder mit dem Resultat,

00:33:59: das mich, und an das kann ich mich noch... Eines meiner frühesten Kindheitsereignisse, Erinnerungen.

00:34:04: Da kann ich mich gut erinnern, weil meine Mama gesagt hat zu mir, Seppi, jetzt, da hast die Karten,

00:34:09: jetzt gehst du mal dort zum Kohlegger und holst mir einen Liter Milch.

00:34:13: Und ich kleiner Stöpsel bin natürlich dann "owi" [Dialekt für runter/hinunter] und hab die... man hat mich natürlich gekannt

00:34:17: und hab da die Milch gekriegt und hab es hinaufgetragen, damals hat es natürlich nicht,

00:34:21: die Verpackung gegeben, sondern auch nicht die Flaschen, sondern die Kübel.

00:34:25: Da hat man in den Kübel hinein, hat man die Milch in... mit einer großen Gatz [Dialekt für Kelle],

00:34:29: wie es geheißen hat, oder eine Kelle Tobias: Oder eine Schöpfkelle, wie es jetzt... auf Hochdeutsch [lacht] Josef: Eine Schöpfkelle,

00:34:34: wir haben in Tirol gesagt Gatzen Tobias: [lachend] Ja. Josef: Hat man da die Milch reinbekommen.

00:34:39: [Rotationsgeräusch] Josef: Ein wesentliches Erlebnis war dann noch auch die Zeit meiner Kindergartenjahre.

00:34:48: Es war damals... Ich weiß gar nicht, wann das losgegangen, aber ich glaube, es war spätestens mit drei, vier Jahren.

00:34:54: Es war damals der städtische Kindergarten, es hat ja damals bei leibe nicht diese große Anzahl

00:35:01: an Kindergärten gegeben, wobei natürlich auch viele private Betreiber jetzt sind, wie wir ja wissen.

00:35:07: Konfessionen oder ideologische Vereine.

00:35:10: Damals hat es eigentlich nur den städtischen Kindergarten gegeben und der hat in mir insofern

00:35:16: eine einprägsame Erinnerung, als er erstens einmal in einem sehr markanten Gebäude

00:35:23: angesiedelt war und da möchte ich weiter ausholen.

00:35:27: Man muss sich vorstellen, dass wenn man heute also von der Museumstraße durch die Viaduktbögen,

00:35:33: also durch die Ingenieur-Etzel-Straße, durch die Bahnunterführung nach Pradl fährt,

00:35:40: es war damals so, diesen Schlupf hat es gegeben natürlich, aber dann, war mehr oder weniger Pampa.

00:35:46: Dann war grüne Wiese.

00:35:48: Es hat am Sillkanal, ja, hat es damals noch die Textilfabrik Herrburger und Rhomberg gegeben.

00:35:56: Herrburger und Rhomberg war für viele ein Arbeitgeber.

00:36:00: Es war ein riesengroßes Areal, es ist genau dort, wo jetzt der Sillpark steht.

00:36:04: Und dahinter war ein Park, den Rapoldi-Park hat man erst später kultiviert und ins Leben gerufen

00:36:09: und dann hat es bereits in der Pradlerstraße, ja, und im Bereich von Pradl,

00:36:16: die Südtiroler-Siedlungen gegeben, von der neuen Heimat errichtet und so weiter und so fort.

00:36:22: Und die ganze Reichenau und Neupradl und so weiter, das ist erst dann in den 60er Jahren,

00:36:28: gekommen. Ende der 50er, 60er Jahre.

00:36:31: Ja, das war die Situation und genau dort, wo man da so durch die Unterführung nach Pradl

00:36:37: hinausgekommen ist, linker Hand, wo jetzt die Laurinstraße anfängt

00:36:43: und wo jetzt genau die Haltestelle ist, von den Linien F zum Beispiel, Bus,

00:36:49: ja, da ist ein Pavillon gestanden. Ja, ein Pavillon und zwar ein Baracken-Pavillon, ja, im Stil einer Baracke

00:36:59: und in dieser Baracke war der städtische Kindergarten untergebracht.

00:37:04: Und diese Holzbaracke hatte einen kleinen Aufgang und da sind wir kleine Stöpsel,

00:37:10: in der Früh immer hinaufgetrappelt und an dem Aufgang ist eine Türe gewesen,

00:37:18: die in das Innere geführt hat und in dieser Türe stand, raumfüllend, die Kindergartentante.

00:37:25: [Tobias lacht] Und die Kindergartentante hat uns, [längere Pause] an der bist du nicht vorbeigekommen,

00:37:33: schon rein voluminös nicht, und die Kindergartentante hat in ihrer rechten Hand

00:37:39: eine Tüte, wir sagen eine "Steitzl" [Schreibweise ungewiss], ja, gehabt und da waren Lebertran-

00:37:47: Pastillen/Tabletten drinnen. Ich hab' heute noch den Geschmack in meinem Mund,

00:37:53: aber es ist, glaube ich, medizinhistorisch, gesundheitspolitisch, [eine] interessante Mitteilung,

00:37:59: dass wir Kinder also als Profilaxe, Rachitis-Profilaxe, aber auch überhaupt generell,

00:38:06: weil Rachitis war ja damals eine der recht häufig vorkommenden Erkrankungen.

00:38:11: Gegen was der Lebertran sonst noch groß eh, gut war weiß ich jetzt eigentlich nicht, zu meiner Schande gestehen zu müssen

00:38:18: aber er war sicher ein gut... aufgrund seiner Nahrhaftigkeit, ein gutes Prophylaktikum gegen alle

00:38:24: möglichen Kinderkrankheiten, Infektionskrankheiten, die man sich zuziehen konnte

00:38:30: und man muss ja an dieser Stelle erwähnen [schluckt] es hat ja in Innsbruck bis in den 50er Jahren,

00:38:38: war ja die Tuberkulose ein großes Thema und ich erinnere mich, wir sind auch in der Volksschule schon,

00:38:44: hat es die Bildschirm-Untersuchung gegeben. Da bist du

00:38:48: hinüber gegangen, in das städtische Gesundheitsamt, zum Dr. Thulnik [Schreibweise ungewiss], das war dort

00:38:54: wo jetzt also, wir haben immer spöttisch gesagt, die Weltstadt-Galerie, also die,

00:39:00: die [lacht kurz] Galerie ist von der Maria-Theresien-Straße zur Fallmerayerstraße [gegangen]

00:39:04: das war früher nur der Zweckbau, wie man jetzt noch heute sieht, ja,

00:39:09: und dahinter war ein großer, großer Innenhof, ja, in diesem Innenhof war die Polizeistation,

00:39:17: dann war gar nichts und dann waren da auch ein paar Baracken, zum Teil ebenerdige Baracken.

00:39:24: Gemauert auch zum Teil und dann war ein Tor, hinten hinaus zur Fallmerayerstraße,

00:39:30: und in diesem Tor war auch noch ein Gebäude, als ein Gebäude zur Fallmerayerstraße

00:39:35: sozusagen als zweites Gebäude vom Magistrat.

00:39:39: Und in diesem hinteren Gebäude, an der Fallmerayerstraße, ist das Gesundheitsamt gewesen

00:39:44: und in dieses Gesundheitsamt sind wir Schulbuben, ja, regelmäßig einmal im Semester,

00:39:51: also zweimal im Jahr zur Röntgen-Untersuchung auf Tuberkulose angetanzt, ja. [Tobias schmunzelt]

00:39:57: Also an das kann ich mich noch sehr gut erinnern, das hat stattgefunden.

00:40:01: [Outro-Musik] beginnt

00:40:04: [Outro-Musik]

00:40:23:

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